Die Kunst, zu erbitten, was man braucht

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Jesus.ch, 26.05.2019

Die Kunst, zu erbitten, was man braucht

Bitten
Enttäuschungen sind häufig selbstgemacht. Viele Menschen denken, dass andere schon wissen, was sie meinen. Die Erfahrung zeigt: Das ist meist nicht der Fall. Menschen können nur in seltenen Fällen Gedanken lesen. Das Problem liegt auf beiden Seiten.

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Der eine sagt nicht klar, was er braucht. Und der andere fragt nicht nach: «Was genau möchtest du gern von mir?» Stattdessen rät er, was der andere will – und liegt dabei oft genug daneben. Am Ende sind beide frustriert.

Das Ratespiel

Ein Beispiel verdeutlicht das: Ein Mensch sagt seinem Freund mit klagendem Ton: «Mein Garten ist so verwildert, da sieht es aus wie Kraut und Rüben. Alles ist zugewachsen!» Woher soll sein Gesprächspartner nun wissen, was sein Freund will und braucht? Er kann nur raten. Da gibt es verschiedene Möglichkeiten:

  • Will er, dass ich an einem Samstag komme und ihm helfe, das Dickicht zu lichten? Ganz praktisch?
  • Ist er einfach frustriert und braucht Trost?
  • Möchte er gern meinen Rat haben, wie er am schnellsten Ordnung in das Chaos bringt?
  • Hätte er gern meinen Rasenmäher, Häcksler und meine Heckenschere? Oder soll ich ihm Geld leihen, damit er einen Gartendienst engagieren kann?
Klare Bitten formulieren

Es geht auch anders. Die Chance, das zu bekommen, was man tatsächlich braucht, steigt durch unzweideutige Kommunikation. Auch wenn es einem selbst klar ist – für den anderen ist es hilfreich, zu hören, worum es geht. Zum Beispiel: «Ich brauche praktische Hilfe», «Ich brauche Rat», «Ich brauche Trost.»

Idealerweise – so lehrt es das Konzept der gewaltfreien Kommunikation – besteht eine Bitte aus vier Elementen.

Schritt 1: Die Situationsbeschreibung.

Du schilderst dem anderen klar, wie die belastende Situation aussieht: «Mein Garten ist von Unkraut überwuchert», «Mein Auto fährt nicht mehr», «Am Mittwoch überschneiden sich zwei wichtige Termine.»

Schritt 2: Die Beschreibung deiner Emotionen

Der andere kann nicht wissen, wie genau du dich fühlst. Womöglich findest du den überwucherten Garten wildromantisch oder liebst den Kick einen übervollen Terminkalender zu haben. Weil der andere nicht genau wissen kann, wie du dich fühlst, ist es sinnvoll, ihm Einblick zu geben. Du beschreibst –in der Regel genügen ein paar kurze Worte – wie du dich fühlst, damit der andere sich in dich einfühlen kann: «Mich überfordert das – ich fühle mich hilflos.» Anschliessend erläuterst du deinen Bedarf.

Schritt 3: Dein Bedürfnis – was du brauchst

Du erklärst, was du jetzt brauchst: «Ich brauche Rat/Trost /Unterstützung / Entlastung.»

Schritt 4: Die konkrete Bitte

Erst wenn der Bezugsrahmen (Situation, Gefühle, Bedarf) klar ist, äusserst du die Bitte. Sie sollt klar, handlungsbezogen und nach Möglichkeit bereits in der Gegenwart erfüllbar sein: «Bitte sag mir, ob du mir ein paar Stunden im Garten helfen kannst.»

Oder «Bitte sag mir, ob ich mir euren Zweitwagen für drei Tage leihen kann.»

Nackte Bitten, also Bitten ohne dem anderen den Kontext mitzuteilen z. B. ein nüchternes «Bitte hilf mir im Garten» scheitern häufiger, einfach schon deshalb, weil der andere gar nicht immer verstehen kann, warum das so wichtig ist. Mit klarem Bezug fällt es den meisten Menschen leichter, zu entscheiden, ob sie die Bitte erfüllen können und wollen – oder auch nicht. Die Freiheit auch mal «Nein» zu sagen, sollte man dem anderen auf jeden Fall lassen.

Praxistipps
  • Überlege: Was brauche ich gerade? Emotionale Unterstützung, Rat, praktische Hilfe, Ressourcen und Mittel? Auf welche Art und Weise könnte ich mir das Bedürfnis erfüllen? Wen kann ich bitten?
  • Üben: Übe die vier Schritte des Bittens ein, bis sie dir ganz leicht fallen.
Medientipps

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