Die zweite Meile mitgehen und die andere Wange hinhalten

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Die zweite Meile mitgehen und die andere Wange hinhalten

23.07.2016

»Elim« Basel voll im Einsatz
Die Gassenarbeit «Elim» in Basel steht Menschen bei, die am Rande der Gesellschaft leben. Das Werk kümmert sich um Suchtkranke und Obdachlose und hilft beim Reintegrieren. Angeboten wird zum Beispiel Wohnraum und Essen. Jährlich werden zudem die Deutschkurse für Einwanderer von mehreren hundert Personen besucht. Wir unterhielten uns mit «Elim»-Geschäftsleiter Urs Gerber über das Wirken der Einrichtung.

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Immigranten erhalten bei «Elim» praktische Hilfe, zum Beispiel mit Deutschkursen.

Livenet: Urs Gerber, was alles tut «Elim»?
Urs Gerber: Unser Anliegen ist es, Menschen am Rande der Gesellschaft zu unterstützen und so gut wie möglich wieder zu integrieren. Hierzu sind wir in verschiedenen Arbeitsfeldern in den Bereichen Sucht, Obdachlosigkeit, Asyl/Migration und allgemeine Hilfe tätig.

Was sind Ihre Schwerpunkte?
Im Bereich Sucht und Obdachlosigkeit führen wir verschiedene niederschwellige Angebote, vom «Café Elim» mit Gratisverpflegung über die Gassenarbeit, welche die Menschen vor Ort aufsucht, bis hin zu mehreren Wohnangeboten mit unterschiedlicher Betreuung. Niederschwellig heisst, die Menschen können kommen, wie sie sind. Wir versuchen, in eine Beziehung zu ihnen zu treten, Vertrauen aufzubauen und auf dieser Basis Schritte miteinander zu gehen. Die verschiedenen Angebote ergänzen sich und die unterschiedlichen Wohnmöglichkeiten bilden eine durchgängige Angebotskette. Da Sucht immer mehr auch mit psychischen und physischen Erkrankungen einhergeht, konnten wir unser Wohnangebot erweitern für Menschen, die nebst der allgemeinen und sozialpädagogischen Betreuung auch pflegerische oder medizinische Unterstützung benötigen.

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Urs Gerber

Im Bereich Asyl und Migration bieten wir Beratung in allgemeinen und aufenthaltsspezifischen Fragen an, Coaching und Vermittlung von Arbeitsstellen und äusserst günstige Deutschkurse. Die Deutschkurse werden jedes Jahr von mehreren hundert Menschen besucht. Ein Schwerpunkt ist die Unterstützung im Bereich Arbeit, da eine Arbeitsstelle in aller Regel die beste und natürlichste Integrations-Möglichkeit darstellt.

Leiten Sie Menschen auch an andere Stellen weiter?
Unser jüngstes «Kind», die Anlaufstelle «Kontact», ist im Bereich der allgemeinen Hilfe tätig. Hier können Menschen mit irgendwelchen Anliegen oder Fragen vorbeikommen. Wir vermitteln sie dann an eine entsprechend kompetente Stelle weiter. Ziel ist es, die Menschen gleich im ersten Anlauf an die richtige Stelle zu leiten, so dass sie nicht von einer Institution zur anderen geschickt werden und schliesslich frustriert aufgeben. Dabei versuchen wir auch, uns mit Angeboten von Kirchen, Freikirchen und einzelnen Christen zu vernetzen nach dem Motto, die Christen der Stadt helfen den Menschen in der Stadt oder biblisch ausgedrückt: «Suchet der Stadt Bestes!» (Die Bibel, Jeremia, Kapitel 29, Vers 7)

Wo können Sie durch ihren Einsatz einen Unterschied machen?
Wir bemühen uns, fachliche Kompetenz und christliche Nächstenliebe miteinander zu verknüpfen. So begegnen wir unseren Klienten auf Augenhöhe und versuchen, nicht nur das vordergründig Sichtbare eines Menschen wahrzunehmen, sondern den von Gott geschaffenen und geliebten Menschen hinter seiner eigenen Geschichte und Fassade. Das kann unter anderem bedeuten, die zweite Meile wirklich mitzugehen oder die andere Wange hinzuhalten.

Manche sagen von uns, dass wir das niederschwelligste Haus in der Nordwestschweiz sind und meinen damit, dass auch Leute bei uns Zugang finden, die sonst nirgends mehr «tragbar» sind. Ganz wichtig sind für uns auch die vielen Ehrenamtlichen. Sie setzen sich mit viel Herzblut vor allem in den Bereichen «Café Elim», «Elim Open Doors», wo Deutschkurse angeboten werden, in der Gassenarbeit und bei «Kontact» ein und tragen durch ihre Vielfalt zu einer dynamischen, bunten Ausgestaltung der Arbeit bei. Auch sind wir sehr dankbar für das finanzielle Mittragen durch Privatpersonen, Stiftungen, Kirchen, Gemeinden und Institutionen. Ohne all diese Unterstützungen wären manche Bereiche von Elim nicht oder zumindest nicht in der jetzigen Art durchführbar.

Gibt es Geschichten, wo Sie jemandem geholfen haben, der dadurch anschliessend selbst zum Mitarbeiter bei Ihnen wurde?
Ja, in der Geschichte von Elim gibt es mehrere Menschen, die sich vom Klienten zum kompetenten und engagierten Mitarbeiter wandelten, sei es bei uns oder in einer anderen Institution oder Gemeinde. Zurzeit sind mindestens drei Mitarbeiter von Elim ehemalige Drogenkonsumenten. Unser heutiger Hausleiter, zum Beispiel, war vor vielen Jahren selber Bewohner im Haus Elim und war damals zeitweise so risikoreich unterwegs, dass wir hin und wieder um sein Leben fürchteten. Heute ist er als erfahrener Sozialpädagoge genau für dieses Haus verantwortlich!

Was berührt Sie bei Ihrer Arbeit besonders?
Dass Gott diejenigen Menschen besonders liebt und ruft, die auf der Schattenseite des Lebens stehen. Er ist es, der auch heute noch aus menschlichen Wüsten einen bewässerten Garten schaffen will und kann. Unser Wunsch ist, dass viel mehr Menschen auf diesen Ruf eingehen!

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«Café Elim» mit Gratisverpflegung

Können Sie ein, zwei Lebensgeschichten mit uns teilen, bei denen Menschen durch Ihre Arbeit verändert worden sind?
Ja, ich denke an eine junge, verwahrloste Drogenkonsumentin, die in der Migros Geld aus den Portemonnaies von Kunden entwendete. Auch meine Frau war betroffen. Durch die polizeilichen Abklärungen kannten wir den Namen dieser Frau und begannen, für sie zu beten. Einige Zeit später meldete sie sich im Haus Elim, da sie auf der Strasse lebte.

Natürlich wusste sie nicht, dass wir sie bereits kannten, aber für uns war es eine Gebetserhörung, da sie einen ersten Schritt in Richtung Veränderung unternahm. Erst Jahre später habe ich mich zu erkennen gegeben. Sie wohnte ein paar Jahre im Haus Elim, durchlief einen Prozess mit manchen Höhen und Tiefen, wechselte dann in eine betreute Aussenwohnung von Elim und konnte später die Wohnung selbständig übernehmen. Heute lebt sie drogenfrei und es geht ihr sehr gut. So hat eine ursprünglich schlechte Begegnung ein segensreiches Ende gefunden.

Ein anderes Beispiel ist ein jüngerer Mann, der nur kurze Zeit im Haus Elim war und in den Entzug und die Therapie ging. Unsere Wege verloren sich, bis er sich einige Zeit später wieder in unserer Aussen-WG meldete und dort mitlebte. Heute ist er verheiratet, hat zwei kleine Kinder und eine verantwortungsvolle Arbeit. Im Nebenamt leitet er eine kleinere, aber lebendige Gemeinde, welche in unseren Räumlichkeiten Gottesdienst feiert und zu der eine gute Verbindung besteht.

Gibt es neue Projekte, die bei Ihnen anstehen?
Wir planen, die Abteilung für Menschen mit Pflegebedarf auszubauen. Ebenso möchten wir das ambulant betreute Wohnen erweitern. Seit Längerem beschäftigt uns auch die bessere geistliche Integration von Menschen in das christliche Umfeld, die den Weg des Glaubens gehen möchten.

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