Der Weg. Die Wahrheit. Das Leben – Wer ist Jesus wirklich? – Einführung

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Aussagen der Bibel unterscheiden
von menschlichen Darstellungen

Einführung

Über die Frage „Wer ist Jesus wirklich?“ sind schon hunderte, ja tausende von Büchern und Abhandlungen geschrieben worden. Alle möglichen Standpunkte wurden und werden vertreten. Viele Überlegungen und auch Spekulationen sind angestellt worden. Mancher ist versucht, ihn einer Idee anzupassen, einer Vorstellung, die er von ihm vor Augen hat. Andererseits gibt es auch viele sachliche Darstellungen.

Weshalb also noch eine weitere Abhandlung über Jesus Christus?

Ein Hauptzweck der Website https://proskyneo.org ist bekanntermaßen zu erörtern, wie man den Vater „im Geist und in der Wahrheit“ anbeten kann. Die Aufforderung, das zu tun, stammt von Gottes Sohn, Jesus Christus (Johannes 4,23.24[1]). Um sie umsetzen zu können, sind zwei Voraussetzungen zu schaffen: Zum einen muss der, der den Vater „im Geist und in der Wahrheit anbeten“ möchte, eine auf die Bibel gegründete Vorstellung davon haben, wer dieser himmlische Vater ist. Genauso wichtig ist es aber auch, zu wissen, wer sein Sohn, Jesus Christus, ist. Warum? „‚Ich bin der Weg‘, antwortete Jesus, ‚ich bin die Wahrheit, und ich bin das Leben. Zum Vater kommt man nur durch mich. Wenn ihr erkannt habt, wer ich bin, werdet ihr auch meinen Vater erkennen‘“ Johannes 14,6).

Worte von tiefgreifender Bedeutung: Man kann also nicht zu Gott gelangen, wenn man Jesus „ausklammert“. Vielmehr kann man den Vater erst „erkennen“ – also eine Vorstellung davon haben, wer er ist –, wenn man erkannt hat, wer Jesus ist. Diese Erkenntnis ist für Verfechter der Trinität (Dreieinigkeit, Dreifaltigkeit[2]) ebenso erhellend wie für Antitrinitarier[3], die die Dreieinigkeit ablehnen. Während Trinitarier Jesus mit seinem Vater auf die gleiche Stufe setzen, neigen viele Antitrinitarier dazu, die Bedeutung Jesu unangemessen herunterzuspielen.

Am letzten Abend seines irdischen Lebens flehte Jesus zu seinem Vater: „Das ewige Leben zu haben heißt, dich zu kennen, den einzigen wahren Gott, und den zu kennen, den du gesandt hast, Jesus Christus“ (Johannes 17,3). „Den einzigen wahren Gott“ und Jesus Christus zu „kennen“ oder zu „erkennen“ (Elberfelder, NeÜ) ist also der Schlüssel für den Zugang zum ewigen Leben – und auch zum Vater. Nur auf diesem Weg kann es gelingen, ein persönliches Verhältnis zu beiden aufbauen. Um den Vater „im Geist und in der Wahrheit“ anbeten zu können, ist ein Verständnis darüber, wer Jesus Christus ist, somit unerlässlich.

Bezeichnender Weise gebrauchte Jesus in zwei der oben genannten Aussagen den Begriff „Wahrheit“ („im Geist und in der Wahrheit anbeten“ und ‚Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben‘). Um diese „Wahrheit“ zu erkennen, muss ein Christ den klar definierten Maßstab berücksichtigen: Die Bibel, Gottes Wort. In dem oben erwähnten Gebet Jesu, das in Johannes Kapitel 17 aufgezeichnet ist, bat er seinen Vater: „Führe sie durch die Wahrheit ganz auf deine Seite! Dein Wort ist Wahrheit“ (Johannes 17,17; NeÜ).

Was lehrt die Bibel über ihn?

Um herauszufinden, worin die Wahrheit über Jesus Christus besteht, soll in dieser Abhandlung deshalb der Grundsatz Sola scriptura![4] („Allein durch die Schrift“), den Martin Luther umzusetzen suchte, angewandt werden.

Damit die Aussagen der Bibel vorurteilslos zur Geltung kommen, darf nicht von Prämissen[5] (Voraussetzungen, Annahmen) ausgegangen werden wie:

  • „Jesus ist Teil der Trinität.“[6]
  • „Es gibt keine ‚reale‘ Präexistenz Jesu.“[7]
  • „Jesus ist in erster Linie Beispiel und Vorbild für Christen.“
  • „Als Sohn Gottes ist Jesus im Wesentlichen ausführendes Organ, das den Willen seines Vaters tut im Sinne von ‚Befehlsempfänger‘“.

Prämissen nehmen das zu ermittelnde Ergebnis – zumindest teilweise – vorweg. Setzt man Prämissen willkürlich voraus, ist das als wenn man Gottes Wort vorschreibt, was es uns vermitteln soll. Das führt nicht weiter. Wir erwarten, dass Gott uns durch sein Wort Antworten auf unsere Fragen vermittelt und nicht, dass es unsere persönliche Vorstellung stützt. Gottes Wort soll Maßstab sein (2. Timotheus 3,16.17; 1. Thessalonicher 2,13)! Nur wenn wir so vorgehen, lassen wir es die Kraft entfalten, die es in sich birgt (Hebräer 4,12).

Ein Theologiestudium?

Ein weiterer grundlegender Gedanke muss ebenfalls berücksichtigt werden. Gelehrte stellen es gern so dar, dass eine ausgeprägte Kenntnis der Bibel von Nöten ist – möglichst ein Theologiestudium –, um verstehen zu können, wer Jesus wirklich war. (Die gleiche Auffassung wird vielfach bezüglich irgendwelcher wichtigen religiösen Themen vertreten). Hier ist Ausgeglichenheit gefragt! Selbstverständlich kann nur das ausschlaggebend sein, was Gottes Wort über Jesus sagt. Alles, was der Bibel widerspricht, ist abzulehnen. Andererseits wird sicher niemand bestreiten wollen, dass die ersten Christen – die „Urchristen“ – wirklich wussten und erkannten, wer Jesus Christus war[8]. Welche Grundlage hatten diese ersten Nachfolger Jesu? Waren sie studiert? Verfügten sie über eine Bibel zum Studium? Wohl kaum. Und trotzdem müssen wir davon ausgehen, dass sie „echte Christen“ waren, Christen die einen tiefen Glauben an Jesus Christus hatten.[9]

Nachstehend ein paar Bibelpassagen, die Licht darauf werfen, um welche Art von Menschen es sich bei den Christen der ersten Stunde handelte:

„Zu der Zeit rief Jesus aus: »Ich preise dich, Vater, du Herr über Himmel und Erde, dass du das alles den Weisen und Klugen verborgen, den Unmündigen aber offenbart hast. Ja, Vater, so hast du es gewollt, und dafür preise ich dich. Alles hat mir mein Vater übergeben. Niemand kennt den Sohn, nur der Vater kennt ihn; und auch den Vater kennt niemand, nur der Sohn – und die, denen der Sohn es offenbaren will«“ (Matthäus 11,25-27).

♦ Jesus selbst erklärt, dass den Vater und den Sohn zu erkennen somit nichts mit Weisheit und Klugheit zu tun hat. Es kommt vielmehr darauf an, dass es uns „der Sohn … offenbaren will“. Der Glaube, das Vertrauen in Jesus Christus ist ausschlaggebend.

„Die Unerschrockenheit, mit der Petrus und Johannes sich verteidigten, machte großen Eindruck auf die Mitglieder des Hohen Rates, zumal es sich bei den beiden offensichtlich um einfache Leute ohne besondere Ausbildung in der Heiligen Schrift handelte [Randnotiz: „oder: um einfache und ungelehrte Leute“]. Sie wussten, dass Petrus und Johannes mit Jesus zusammen gewesen waren“ (Apostelgeschichte 4,13).

♦ Die beiden Apostel Petrus und Johannes waren „einfache und ungelehrte Leute“. Aber sie waren von Jesus Christus über Jahre persönlich unterwiesen worden und schrieben maßgebliche Teile des Neuen Testaments.

„Seht euch doch einmal in euren eigenen Reihen um, Geschwister: Was für Leute hat Gott sich ausgesucht, als er euch berief? Es sind nicht viele Kluge und Gebildete darunter, wenn man nach menschlichen Maßstäben urteilt, nicht viele Mächtige, nicht viele von vornehmer Herkunft. Im Gegenteil: Was nach dem Urteil der Welt ungebildet ist, das hat Gott erwählt, um die Klugheit der Klugen zunichte zu machen, und was nach dem Urteil der Welt schwach ist, das hat Gott erwählt, um die Stärke der Starken zunichte zu machen. Was in dieser Welt unbedeutend und verachtet ist und was ´bei den Menschen` nichts gilt, das hat Gott erwählt, damit ans Licht kommt, wie nichtig das ist, was ´bei ihnen` etwas gilt. Denn niemand soll gegenüber Gott ´mit vermeintlichen Vorzügen` prahlen können.“ (1. Korinther 1,26-29).

♦ Der Apostel Paulus bildete unter den ersten Christen eine Ausnahme. Vor seiner Bekehrung durch Jesus lernte er zu Füßen des Rabbi Gamaliel (Apostelgeschichte 22,3). Er war in den Heiligen Schriften bewandert und war Pharisäer (Philipper 3,5). Wie dem vorstehenden Zitat aus 1. Korinther 1 zu entnehmen ist, legte er jedoch großen Wert darauf zu betonen, dass nicht Bildung und Klugheit ausschlaggebend dafür sind, von Gott erwählt zu werden.

Diese Texte zeigen klar, dass jeder gläubige Mensch in der Lage ist, die Wahrheit des Evangeliums zu erkennen. Und somit logischerweise auch zu verstehen, wer Jesus wirklich war. Die Informationen dafür stehen heute durch die Schriften des Neuen Testaments zur Verfügung, die größtenteils von Menschen geschrieben wurden, die von Jesus direkt belehrt oder zumindest angeleitet wurden. Darüber hinaus versprach Jesus, dass seine Jünger nach seiner Auferstehung die Hilfe des heiligen Geistes erhalten sollten, um korrekt niederschreiben zu können, was er gelehrt hatte (Johannes 14,16.17.25.26). Den Vorgang, dass die Bibelschreiber durch Gottes Geist geleitet wurden, wahrheitsgemäße Informationen niederzuschreiben, bezeichnet man als Inspiration (von griechisch: theópneustos = „gottgehaucht“).

Die Rolle des Geistes Gottes

Auch heute benötigen wir die Hilfe des Geistes Gottes, um sein Wort zu verstehen – und somit Jesus Christus zu „erkennen“. Der Glaube ist Teil der „Frucht des Geistes“ (Galater 5,22.23[10]), weshalb zu recht gesagt werden kann, dass der gläubige Mensch durch Gottes Geist in die Lage versetzt wird, Jesus sowie seinen Vater zu „erkennen“. Somit ist es auch maßgeblich, um den Geist Gottes zu bitten und zuzulassen, dass dieser in einem und durch einen wirkt[11]. Mit dieser Überlegung stimmt 1. Korinther 2,14.15 überein, wo der Apostel Paulus schreibt:

„Ein Mensch, der Gottes Geist nicht hat, lehnt ab, was von Gottes Geist kommt; er hält es für Unsinn und ist nicht in der Lage, es zu verstehen, weil ihm ohne den Geist Gottes das nötige Urteilsvermögen fehlt. Wer hingegen den Geist Gottes hat, ist imstande, über alle diese Dinge ´angemessen` zu urteilen, während er selbst von niemand, ´der Gottes Geist nicht hat, zutreffend` beurteilt werden kann.“

Nachdem klar ist, dass es im Wesentlichen darauf ankommt, um den Geist Gottes zu bitten, den Geist zu erhalten und dadurch Glauben zu haben, ist verständlich, warum es in 1. Timotheus 2,3.4 über Gott heißt:

„In dieser Weise zu beten [Randnotiz: „Aü: So zu leben“] ist gut und gefällt Gott, unserem Retter, denn er will, dass alle Menschen gerettet werden und dass sie die Wahrheit erkennen.“

Auf intellektueller Ebene gibt es für Menschen für das Erkennen der göttlichen Wahrheit keine Einschränkungen, da Gott „will, dass alle Menschen gerettet werden und dass sie die Wahrheit erkennen.“ Wenn Gott „es will“, dürfen wir vertrauensvoll davon ausgehen, dass er jedem Menschen das notwendige Maß an Erkenntnis und Glauben gibt, wenn derjenige aufrichtig darum bittet.

Vertrauen wir also auf die Leitung von Gottes Geist und auf die Wirksamkeit seines inspirierten Wortes, während wir nun untersuchen, was sein Wort zu der Frage sagt:

„Wer ist Jesus wirklich?“

Dieser Artikel bildet den Auftakt zu einer umfangreichen Artikelserie, die die wesentlichen Aussagen des Neuen Testaments zur Person Jesu Christi nennt und weitgehend kommentiert. Die genannten Belegtexte sind zu zahlreich als dass sie alle ausgeschrieben, geschweige denn kommentiert werden können. Jedem, der sich mit der Materie vertraut machen will, wird ans Herz gelegt, alle angeführten Schrifttexte nachzulesen und zu erwägen, damit er sich ein schriftgemäßes Bild machen kann.

Es wird drei große Bereiche geben, die beleuchtet werden:

  1. Jesu vormenschliche Existenz
  2. Jesu Leben als „Menschensohn“
  3. Jesu Stellung nach seiner Auferstehung

Der dritte Bereich ist aufgeteilt in mehrere Unterthemen. Um das Lesen angenehm zu gestalten, wird in jedem Artikel der Serie nur eine überschaubare Menge an Informationen behandelt. Der Leser darf gespannt sein, was die Heilige Schrift für eine Vielfalt an Aussagen über die große Bedeutung des Sohnes Gottes, Jesus Christus, enthält.

 


Fußnoten:

[1] Wenn nicht anders vermerkt, sind in diesem Artikel alle ausgeschriebenen Bibelzitate der Neuen Genfer Übersetzung (NGÜ) entnommen. Automatisch verlinkte Bibeltexte, die per Klick auf die Bibelstelle angezeigt werden können, stammen aus der Neuen evangelistischen Übertragung (NeÜ).

[2] Vergleiche WikipediaDreifaltigkeit

[3] Vergleiche WikipediaAntitrinitarier

[4] Vergleiche WikipediaSola_scriptura

[5] Vergleiche WikipediaPrämisse

[6] Vergleiche den Artikel „Dreieinigkeit – sind Jesus und sein Vater eine Person?“

[7] Vergleiche den Artikel „Die Präexistenz Jesu – was sagt die Schrift“

[8] Würden wir das in Frage stellen, hätten wir heute, 2000 Jahre später, keine Möglichkeit mehr, diese Frage überhaupt zufriedenstellend zu beantworten.

[9] Menschen aus dem Judentum, die den christlichen Glauben annahmen, hatten (solange ihnen das durch die jüdischen Führer nicht verwehrt wurde) die Möglichkeit, in den Synagogen der jüdischen Gemeinden die Schriftrollen der hebräischen biblischen Schriften zu lesen. Das war auch außerhalb Israels möglich, da es in großen Teilen des Römischen Reiches jüdische Gemeinden und Synagogen gab. Wenn diese jüdischen Christen auch keine persönlichen Exemplare der hebräischen Schriften hatten, so konnten sie sie in der Synagoge wenigstens einsehen. Man denke jedoch an Christen außerhalb von Palästina und außerhalb der Reichweite von Synagogen. Sie nahmen den Glauben an Jesus Christus durch das Evangelisieren anderer Christen an, ohne dass sie die heiligen hebräischen Schriften selbst lesen konnten geschweige denn persönliche Abschriften besaßen. Das konnte sich Ende des ersten, Anfang des zweiten Jahrhunderts unserer Zeitrechnung allmählich ändern, als der Kodex mehr und mehr in Gebrauch kam. „Bei allen praktischen Vorzügen, die die neue Buchform des Kodex gegenüber der Buchrolle bot, dauerte es bis ins 4. Jahrhundert n. Chr., bis der Kodex diese endgültig verdrängte. … Ein soziologischer Grund für die allmähliche Verdrängung der Buchrolle durch den Kodex wird darin gesehen, dass die Christen (ca. seit dem 2. Jahrhundert) diesen als eine Buchform aufgriffen, mit der sie sich auch formal von den alten heidnischen Schriften abgrenzen konnten. Kodizes konnten auch während der Christenverfolgungen leichter versteckt werden“ (Wikipedia „Die Verdrängung der Rolle durch den Kodex“.

[10] Das in Galater 5,22 für „Glauben“ verwendete griechische Wort pístis wird in den meisten Bibelübersetzungen mit „Treue“ (NGÜ), in anderen mit „Glaube“ (NWÜ) übersetzt. Eine Fußnote in Schlachter 2000 zu Galater 5,22 lautet: „od[er] Glaube; das Wort kann beides bedeuten.“ In den allermeisten anderen Bibelversen übersetzen die Bibelübersetzungen, die pístis in Galater 5,22 mit „Treue“ wiedergeben, das Wort mit „Glaube“ (z.B. in Apg 3,16; 6,7; 11,24; Röm 1,8; 3,22; 10,6; 1Kor 12,9; 13,2; 2Kor 1,24 u.v.m.) Gemäß der Elberfelder Studienbibel mit Sprachschlüssel (Nr.3952) hat pístis unter anderem folgende Bedeutungen: „a) Überzeugung, Glaube … b) der von Jesus und Paulus genannte Glaube an Christus … c) der Inhalt des Glaubens oder des Evangeliums … d) das Christentum … e) Treue … f) Sicherheit, Beweis“. Somit liegt das Schwergewicht auf „Glaube“, der gemäß Galater 5,22 zu Recht als Teil der „Frucht des Geistes“ betrachtet werden darf.

[11] Vergleiche die dreiteilige Artikelserie „‘Mit Geist und Wahrheit‘ anbeten“, insbesondere Teil 2 und 3 (https://proskyneo.org/category/leitartikel)

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3 Gedanken zu „Der Weg. Die Wahrheit. Das Leben – Wer ist Jesus wirklich? – Einführung“

  1. Ist Hermeneutik ohne Prämisse überhaupt möglich? Ich denke nicht. Deswegen gibt es ja so viele unterschiedliche Meinungen.
    Ein Beispiel : Wer die Prämisse setzt, dass Tod Nichtexistenz bedeutet, legt die Bibel ganz anders aus als jemand der Tod als Gottesferne betrachtet. Deswegen gibt es für manche Ausleger keine Hölle und für manche gibt es die Hölle. Für beide Standpunkte gibt es biblische Belegstellen. Man muss also eine Grundsatzentscheidung treffen. Das macht die Wahrheitsfindung so schwierig.

    1. Lieber Gerardino,

      vielen Dank für Deinen Kommentar. Ich gebe Dir recht: Hermeneutik setzt Prämissen voraus. Die Frage ist, welchen Stellenwert die angenommenen Prämissen haben im Verhältnis zu den Aussagen des zugrunde liegenden Textes (hier die Bibel).
      Viele sagen, mit der Bibel kann man alles beweisen. Das trifft weitgehend zu; aber nur, wenn man sich erlaubt, Bibelverse aus dem Kontext zu reißen. Will man die Aussagen der Bibel erfassen, sollte man nicht mit vorgefassten Meinungen herangehen und versuchen, diese durch die Bibel zu stützen. Ziel sollte sein, sich so unabhängig wie möglich den Inhalt der Bibel anzulesen und herauszufinden, was die Bibel mir vermitteln will – nicht umgekehrt. Soviel zur grundsätzlichen Vorgehensweise.
      Andererseits ist nicht alles, was die Bibel lehrt, auf Anhieb zu verstehen. Also bedient man sich der Hermeneutik (https://de.wikipedia.org/wiki/Hermeneutik), um nicht klare Aussagen zu verstehen. Wie in anderen Wissenschaften geht man zunächst von einer These bzw. Hypothese aus und versucht diese, durch das Abgleichen mit Antithesen auf die Probe zu stellen. Das ist eine legitime Methode. Bei der Interpretation von Bibelpassagen sollte in jedem Fall nicht nur der unmittelbare Kontext, sondern auch der Gesamtkontext der Bibel berücksichtigt werden (vergleiche https://proskyneo.org/2017/02/so-soll-auch-euer-licht-vor-den-menschen-leuchten-wie/).
      Bei der Interpretation ist zum Beispiel die Prämisse (oder These) angebracht, davon auszuge-hen, dass der Allmächtige sich nicht verändert (Mal 3,6; Jak 1,17). dazu gehören insbesondere charakteristische Eigenschaften Gottes wie Gerechtigkeit und Barmherzigkeit. Um Dein Beispiel Tod aufzugreifen: Die Schlussfolgerung, was der Tod nach der Aussage der Bibel ist, sollte mit Gottes Eigenschaften Gerechtigkeit und Barmherzigkeit übereinstimmen. Da wird es für die Interpretatoren, die von einer ewigen Strafe in einer (Feuer-)Hölle nach dem Tod ausgehen, etwas schwierig.
      Ganz so einfach ist es aber zugegebenermaßen nicht. Tatsächlich gibt es einige Passagen in der Bibel, aus denen man die Existenz einer Hölle ableiten könnte. Wie Du richtig schreibst, gibt es auch solche, die den Tod mit Nichtexistenz gleichsetzen. Was ist die Gesamtaussage der Bibel?
      Wenn diese Frage zweifelsfrei beantwortet werden könnte, wären hunderte von Büchern nie geschrieben worden. Paulus schrieb an die Korinther Christengemeinde: “Nicht dass wir Herren sein wollten über euren Glauben, sondern wir sind Gehilfen eurer Freude; denn ihr steht fest im Glauben.” (2Kor 1,24). Daraus darf man folgern, dass Paulus einzelnen Christen einen persönlichen Glaubensstandpunkt zugestand. Was bleibt einem anderes übrig, wenn unterschiedliche Verständnisse jeweils mit der Bibel belegt werden können (zumindest teilweise)? Wem sollte man Recht geben? Und täte man das, wäre es angemessen/christlich?
      Es gibt grundsätzliche Glaubensthemen, die definieren, ob jemand ein Christ ist (im Sinne des Neuen Testaments). Dazu gehört wohl kaum die Definition, was der Tod denn nun ganz konkret ist. Es gibt unterschiedliche Auffassungen darüber, trotzdem können die Vertreter von unterschiedlichen Positionen jeweils Christen sein. Ähnliche Überlegungen gibt es zur Frage: Trinität ja oder nein? Ich selbst bin überzeugter Antitrinitarier. Aber ich kenne eine ganze Anzahl von Christen, die ich achte, obwohl sie Trinitarier sind. Intensive Gespräche mit den Betreffenden haben gezeigt, dass die jeweiligen Standpunkte oft gar nicht so weit auseinanderliegen. Es lohnt sich, jemanden, der sagt, an die Dreieinigkeit zu glauben, einmal erklären zu lassen, was er darunter eigentlich versteht. Ich habe erlebt, dass weitgehende Übereinstimmung festgestellt werden konnte, nachdem ich mein Verständnis erläutert habe, in welchem Verhältnis der Allmächtige und sein eingeborener Sohn zueinander stehen (vergleiche https://proskyneo.org/2014/08/dreieinigkeit-sind-jesus-und-sein-vater-eine-person/).
      Bei der Wahrheitssuche und -findung darf auch nicht übersehen werden, welche Rolle Gottes heiliger Geist spielt (Joh 14,15-18; 15,26; 16,13-14).
      Ich würde mich freuen, mich zu diesen Themen weiter mit Dir auseinanderzusetzen.

      Volker

      1. Lieber Volker,
        die Bibel ist Gottes Wort. Aber ich bin nur ein Mensch und kann daher nur teilweise sein Gedanken erfassen. Wenn ich sein Wort lese, dann nehme ich erst alles buchstäblich, unabhängig davon ob es logisch erscheint oder nicht. Wenn also unser Herr Jesus Christus von einem Ort spricht, wo der Wurm nicht stirbt und das Feuer nicht erlischt und das an diesem Ort Menschen sein werden die weinen und zähneknirschen, dann nehme ich das erstmal buchstäblich. Natürlich kann man einwenden, dass es ungerecht und lieblos ist, wenn ein Mensch nur 80 Jahre gelebt hat und dann womöglich für immer an den oben beschriebenen Ort bleiben muss. Nur besteht das Problem darin, dass wenn man anfängt etwas zu vergeistlichen, dann kann man alles vergeistlichen. Dann ist auch nicht sicher ob ewiges Leben tatsächlich buchstäblich ist oder nicht. Durch diese Methode ist die liberale Theologie entstanden. Ich gebe dir in dem Punkt recht, das dieses Thema nicht Heilsrelevant ist. Was ist denn deiner Meinung nach Heilsrelevant?

        Gerardino

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