»In der Muttersprache redet die Bibel am besten zum Herzen«

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Livenet, 04.12.2018

»In der Muttersprache redet die Bibel am besten zum Herzen«

Wycliffe: 1’000 Übersetzungen
Zusammen mit Projektpartner SIL übersetzte Wycliffe kürzlich das Neue Testament in der 1’000sten Sprache. Livenet unterhielt sich darüber mit Wycliffe-Kommunikationsleiter Lukas Neukom.
«Die Bibel muss zu unserem Herzen reden, und das geht fast nur in der Muttersprache. Darum wünsche ich mir, dass alle Menschen diese Möglichkeit haben.»

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Papua-Neuguinea: Männer und Frauen in traditionellen Kostümen halten die brandneuen Kopien der Gapapapaiwa-Schriften

 

Lukas Neukom, kürzlich erfolgte die 1’000ste NT-Übersetzung zusammen mit SIL, wie wichtig ist dieser Meilenstein für Wycliffe?
Lukas Neukom:
1’000 ist eine schöne Zahl, da steckt ein Vielfaches an Jahren von Arbeit und Einsatz drin, die Wycliffe-Mitarbeiter in die Bibelübersetzung investiert haben. Es bedeutet auch, dass 1’000 Völker nun direkten Zugang zu Gottes Wort haben, darüber freuen wir uns! SIL ist der Hauptpartner von Wycliffe in den Einsatzländern auf der ganzen Welt. Daher nehmen wir diese Zahl auch für uns. Hauptpartner bedeutet, dass die meisten SIL-Mitarbeiter, die an diesen 1’000 Projekten beteiligt waren – neben allen einheimischen Mitarbeitern der jeweiligen Sprache, ohne die es gar nicht geht – , von den Wycliffe-Organisationen unter anderem aus der Schweiz, Deutschland und USA ausgesandt wurden.

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Lukas Neukom

 

Welches ist die nächste Sprache, in der durch das Mitwirken von Wycliffe Schweiz ein Neues Testament oder eine komplette Bibel fertig wird – und können Sie diese Sprachgruppe kurz vorstellen?
Nächstes Jahr soll die Volksgruppe der Toussian ihr Neues Testament erhalten. Sie zählen etwa 20’000 Menschen und leben im Südwesten Burkina Fasos. Der frühere Leiter von Wycliffe Schweiz und seine Frau, Hannes und Esther Wiesmann, wohnten von 1992 bis 2004 in Burkina Faso. Hannes hat vor allem die Sprache analysiert und die Besonderheiten der Kultur erforscht, Esther begleitete die Übersetzer und half ihnen beim Verstehen der Bibelabschnitte, die jeweils zu übersetzen waren.

Das Jahr 2025 rückt näher und das Ziel lautete einst, dass bis dahin in jeder Sprachgruppe, die noch eine Bibel benötigt, eine Übersetzung gestartet ist – wie sieht es mit dieser Vision aus, ist man auf Kurs?
Die Vision gilt immer noch, und es ist möglich, sie zu erreichen, allerdings braucht es noch mehr Mitarbeiter! An vielen Orten sind die einheimischen Partner stark gewachsen und beginnen selber neue Projekte. Es gibt weltweit in 60 Ländern Organisationen, die die gleiche Vision wie Wycliffe haben.

Wie viele Sprachen sind – Stand heute – noch offen?
1’879 Volksgruppen warten noch darauf, dass eine Bibelübersetzung beginnt. Dazu kommen 284 Gebärdensprachen, die ebenfalls eine Übersetzung brauchen. Diese Zahlen beziehen sich auf den 1. Oktober 2018.

Wie hat die Digitalisierung die Arbeit beschleunigt?
Im Endeffekt glaube ich nicht, dass die Digitalisierung die Arbeit beschleunigt. Es ist immer noch der Mensch, der übersetzt, allerdings sind die Hilfsmittel besser und extrem viel einfacher zugänglich geworden. Zudem hat sich die Verbreitung der übersetzten Bibeln oder Bibelteile verändert: Sobald ein biblisches Buch fertig ist, kann man es einer App für das Handy beifügen, und schon ist es durch Download aus dem Internet verfügbar. So hat jeder Interessierte mit minimalen Kosten durch sein Handy Zugang zu seiner Bibel.

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Peru: Frauen lächeln, während sie mit der Quechua-Bibel posieren, die sie gerade während eines Alphabetisierungskurses erhalten haben.

Geht es heute denn wirklich nicht schneller voran?
Wo möglich wird in verwandten Sprachen gleichzeitig übersetzt. Dann können die gleichen biblischen Bücher jeweils miteinander erarbeitet werden. Das spart Kosten und Zeit. Ein zweiter Punkt: Da heute mehr und mehr Einheimische, die die Sprache schon können, Verantwortung übernehmen, braucht es weniger ausländische Fachkräfte. Damit entfällt in manchen Fällen die aufwändige Phase des Sprachenlernens.

Aber sonst braucht es immer noch rund zehn Jahre für eine Übersetzung eines Neuen Testamentes. Die wichtigen Faktoren bleiben bestehen: Zuerst müssen die Mitarbeiter gefunden werden, die dann eine gute Ausbildung brauchen. Die Sprache muss gründlich analysiert werden, damit eine korrekte und praktische Rechtschreibung zur Verfügung steht. Man muss sich auf die biblischen Schlüsselbegriffe einigen. Und der ganze Übersetzungsprozess mit Entwürfen, Überarbeitung, Testen und mehreren Revisionen ist immer noch derselbe. Möglichst alle wichtigen Vertreter der schon bestehenden Gemeinden sollen beteiligt sein. Darauf wird übrigens heute mehr Wert gelegt, weil man gemerkt hat, dass eine Übersetzung nur gebraucht wird, wenn die Volksgruppe das Übersetzen zu ihrem eigenen Projekt macht. Das benötigt viele Gespräche und Begegnungen, bevor überhaupt mit dem Übersetzen begonnen werden kann.

Wie ist das für Sie persönlich, wenn jeweils eine neue Sprachgruppe das Neue Testament oder die Bibel erhält?
Jeden Tag lese oder höre ich einen Abschnitt aus einer Bibel in meiner Muttersprache, das heisst auf Deutsch, das ist die Nahrung für meinen inneren Menschen. Ich würde auch Englisch verstehen, aber ich bevorzuge Deutsch, das verstehe ich am besten und es trifft mich am tiefsten. Die Bibel muss zu unserem Herzen reden, und das geht fast nur in der Muttersprache. Darum wünsche ich mir, dass alle Menschen diese Möglichkeit haben. Die Übergabe eines Neuen Testamentes ist DER Höhepunkt in unserer Arbeit. Aber es ist eigentlich erst der Anfang: Die Menschen sollen es nun lesen und das Gelesene in ihrem Alltag umsetzen; so wie wir auch. Unser Ziel ist erst dann richtig erreicht, wenn einzelne Menschen verändert werden und ganze Gemeinden aufblühen und selbständig wachsen.

Gibt es Menschen, die durch eine neue Übersetzung so berührt worden sind, dass sie Christen wurden?
Ja, das gibt es immer wieder. In vielen Gebieten gibt es Volksgruppen mit wenig oder gar keinen Christen. Da sucht man einfach geeignete Personen, die zum Übersetzen bereit sind. Diese lernen die Bibel so gut kennen, dass es Spuren hinterlässt… Das ist auch meine Motivation bei Wycliffe mitzuarbeiten: Die Bibel ist Gottes Wort. Das zu hören, tut uns gut – nicht nur uns, sondern jedem Menschen auf der ganzen Welt, wenn er es wirklich versteht! Darum braucht es die Übersetzung in jede Sprache.

Die Inhalte aus zitierten Quellen geben nicht die Meinung von PROSKYNEO.org wieder, sondern dienen ausschließlich der Informationsvermittlung.

 

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