Livenet, 07.01.2019
Das Neue Testament bringt Hoffnung nach Kenia
Gott spricht jetzt Rendille
Die Rendille leben gefühlt am Ende der Landkarte. Und die stolzen afrikanischen Hirten werden immer weiter zurückgedrängt. Jetzt haben sie einen Grund, wieder Zuversicht zu schöpfen: das Neue Testament auf Rendille, ihrer Sprache. Tatsächlich ist die neue Bibelübersetzung ein kultureller Übergriff – aber ein sehr hoffnungsvoller.
Deutschsprachige Bibelübersetzungen gibt es viele. Weit über 50 sind momentan erhältlich. Und auch beim Erscheinen der nächsten Übersetzung wird es einen Presseempfang geben, ein paar lobende Worte und natürlich die Begründung, warum genau diese Übersetzung noch gefehlt und welche Lücke sie gefüllt hat. Als Ende 2018 die Rendille im Norden Kenias ihr erstes Buch in der eigenen Sprache erhielten – ein Neues Testament –, sah dies ganz anders aus.
Einzug mit einem Freudenfest
Kamele trugen die Kisten mit den druckfrischen Neuen Testamenten in ihre Dörfer. Bunt gekleidete Menschen sangen und tanzten auf den Strassen. Sie warfen Palmzweige auf die Wege und jubelten ausgelassen. Die Autorin Ann Voskamp berichtete für das US-Magazin «Christianity Today» darüber und Esther Havens illustrierte das Ereignis mit eindrucksvollen Fotos. Ein Volksfest für eine Bibelübersetzung? Was hier kaum vorstellbar ist, unterstreicht die Besonderheit im afrikanischen Kenia. Dort leben etwa 60’000 Rendille. Früher waren sie stolze Nomaden und Viehzüchter. Doch aufgrund von Dürreperioden und Viehdiebstählen sind die meisten inzwischen sesshaft und von Hilfeleistungen abhängig. Die Rendille selbst sehen sich als Nachfahren der Kuschiten (Kusch war ein Enkel Noahs). Tatsächlich haben sie neben ihrer Naturreligion auch einige alttestamentliche Bräuche bewahrt. Doch der christliche Glaube war trotzdem für die meisten von ihnen völliges Neuland. Jetzt feierten sie ausgelassen das Neue Testament in ihrer Sprache.
Voskamp berichtet von einer «Nachbarin». Die Angehörige der Samburu reiste 400 Kilometer weit durch banditenverseuchtes Land, um die gottesdienstlichen Feiern mitzubekommen. Dabei bekannte sie: «Gott vergib mir. Ich war gestern so neidisch darauf, dass ihr Gottes Wort in eurer Sprache habt, und ich wollte so gern, dass es das auch in meiner Sprache gäbe.»
Die Krönung jahrelanger Arbeit
Das Neue Testament auf Rendille war allerdings kein leichtes Unterfangen. Fast 30 Jahre lang arbeiteten Missionare mit einheimischen Sprachhelfern daran. Erst in den letzten Jahren machte die Arbeit grosse Fortschritte, weil moderne Software die Übersetzung erleichterte.
Eine einheimische Schlüsselperson dabei ist heute Pastor David Gargule. Der gebürtige Rendille kam zum Glauben an Jesus Christus. Er studierte Theologie im Ausland und kam anschliessend zurück. Laut Voskamp erinnert er sich noch gut daran, wie seine Mutter die Bibelübersetzer mit Steinen vertrieb, als er ein kleiner Junge war. Inzwischen freut er sich über Gottes Wort in der eigenen Sprache. «Die Bibel ist die Grundlage», erzählt er der US-Autorin. «Wie können wir unsere Kinder im christlichen Sinne erziehen, wenn wir keine Bibel zur Verfügung haben?»
Eine Quelle der Hoffnung
Die Bibelübersetzer von Wycliff und andere Missionare werden oft dafür kritisiert, dass der christliche Glaube und die Bibel die traditionelle Kultur von einheimischen Völkern zerstören würde. In gewisser Weise gibt Gargule diesen Kritikern recht. Doch er beschreibt eindrücklich, was in der Gesellschaft durch Gottes Massstäbe in Bewegung kommt: «Keine Kinderhochzeiten mehr. Keine Genitalverstümmelung. Gib jedem Kind gleiche Rechte. Gib Mädchen die gleichen Recht wie Jungen.»
Natürlich beeinflusst die Bibel eine Kultur. Aber nicht jeder Wandel ist negativ. Im Fall der Rendille hoffen viele Stammesangehörige auf eine neue, eine bessere Zukunft. Und Pastor Gargule arbeitet mit anderen Christen dafür, dass viele Menschen sich verändern lassen und neue Hoffnung gewinnen.
Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet / Ann Voskamp – Christianity Today https://www.livenet.ch/magazin/international/afrika/338507-das_neue_testament_bringt_hoffnung_nach_kenia.html