Kann man der Bibel heute noch glauben?
25.10.2005
Jesus machte einmal seinen Kritikern ein interessantes Angebot: “Wenn jemand Gottes Willen tun will, wird er erkennen, ob meine Lehre aus Gott stammt, oder ob ich von mir selbst aus rede (Johannes 17,7). Er sagt also: Wer wirklich Gottes Willen erkennen und tun will, wird erleben, dass die Worte von Jesus letztlich die Worte Gottes sind.Ähnliches lässt sich auf die Bibel anwenden. Wer sich wirklich ehrlich und offen darauf einlässt, wird erleben, ob sie vertrauenswürdig ist. Dabei ist dies heute keineswegs mehr “normal”. Es gibt beispielsweise kaum ein Religionsbuch, das seine Leser nicht wie selbstverständlich über die Unzuverlässigkeit der in der Bibel berichteten Ereignisse und Daten informiert. Und immer wieder machen Theologen von sich reden, weil sie an den Wunderberichten der Bibel und vor allem natürlich an der historischen Wirklichkeit der Auferstehung zweifeln.
Bei vielen Angriffen auf die Glaubwürdigkeit der Bibel handelt es sich um biblische Berichte, die nur sehr schwer nachprüfbar sind. So wird zum Beispiel im fünften Kapitel des Buches Daniel berichtet, dass Daniel bei einem Gastmahl König Belsazars geladen wurde, um eine geheimnisvolle Schrift zu entziffern, die an der Wand erschienen war. Als Daniel diese Schrift entziffern konnte, bot ihm Belsazar den dritten Platz in seinem Reich an.
Da man bei den archäologischen Funden aus dieser Zeit bis vor einigen Jahrzehnten keinen König Belsazar entdecken konnte und der wirkliche König zu dieser Zeit Nabonid war, ging man davon aus, dass die Bibel an dieser Stelle falsch berichtet habe. Dann entdeckte man einen sehr interessanten Stein. Darauf war ein Gebet eingraviert, um ein langes Leben für Nabonid und dessen Sohn Belsazar!
Von nun an glaubte man, dass die Bibel an dieser Stelle zwar nicht völlig falsch berichtete, aber eben doch teilweise falsch; denn Belsazar war ja nur der Kronprinz, nicht der König selbst.
Dann aber fanden sich ägyptische Texte, die belegten, dass Nabonid oft unterwegs war und bei diesen Gelegenheiten seine Königswürde vertretungsweise an seinen Sohn Belsazar abtrat. Deshalb konnte er Daniel auch nur den dritten Platz im Reich anbieten. Er selbst hatte ja den zweiten Platz inne.
Facts statt Mythen
Man könnte eine grosse Anzahl von ähnlichen Fällen aufzeigen, die deutlich machen, dass die Bibel in ihren Aussagen (auch den historischen) ernst zu nehmen ist. Noch vor hundert Jahren hielten z. B. manche Theologen vieles von dem, was Lukas in seinem Evangelium und der Apostelgeschichte schrieb, für blanke Erfindung. Heute weiss man es besser:
– Bei der Geschichte der Geburt Jesu sollte es zum Beispiel keine Volkszählung gegeben haben. Man hatte nur Überlieferungen von unter Quirinius durchgeführten Volkszählungen, die etwa zwölf Jahre zu spät stattgefunden hatten. Heute weiss man aber, dass es tatsächlich mehrere Volkszählungen gab, und dass ein gewisser Quirinius schon um 7 v. Chr. Statthalter von Syrien war.
– Der von Lukas in 3,1 erwähnte Lysias von Abilene wurde für eine Legende gehalten, weil man nur einen Lysias kannte, der ca. 36 v. Chr. gestorben war. Eine bei Damaskus gefundene Inschrift bestätigt nun, dass zwischen 14 und 29 n.Chr. noch einmal ein Lysias herrschte.
Mit diesen und ähnlichen Beispielen kann man natürlich nicht beweisen, dass die Bibel Gottes Wort ist. Es ging mir lediglich darum zu zeigen, dass man durchaus nicht seinen Verstand an der Garderobe des Glaubens abgeben muss. Letztlich kann man weder beweisen, dass die Bibel Fehler und Irrtümer enthält, noch dass sie fehlerlos und irrtumslos ist.
Womit wir wieder beim Anfang wären. Wer sich mit seinem ganzen Leben auf den Wahrheitsanspruch der Bibel einlässt, wird erfahren, dass die Worte der Bibel wirklich Leben sind, dass man sich auf sie wirklich verlassen kann.
Autor: Dr. Hans-Georg Wünch ist Theologe und Studienleiter des Neues Leben-Seminars