Theologie-Studenten gingen freiwillig ins Gefängnis
27.07.2016
Einsatz hinter Gittern
Studenten des Seminars für biblische Theologie Beatenberg aus dem Kanton Bern wirkten bei zwei Einsätzen in Gefängnissen mit. In Köln und Wuppertal erlebten sie eine grosse innere Offenheit hinter Gittern. Dieser Einsatz war Teil des «Studiengang Praktisches Christsein» (SPC) des Seminars. Gegenüber Livenet gibt Boris Giesbrecht, Leiter des Studiengangs, Auskunft über den Einsatz.
Livenet: Boris Giesbrecht, der «Studiengang Praktisches Christsein» (SPC) vom Seminar für biblische Theologie Beatenberg ging hinter Gitter, weshalb?
Boris Giesbrecht: Zu unserem Studienprogramm im SPC gehören regelmässige Kurzpraktika. Diesmal unterstützten wir die Mitarbeiter einer diakonischen Einrichtung, die den Zutritt zu einem Männergefängnis in Wuppertal und einem Frauengefängnis in Köln hat. Mit Liedern, Theatern und persönlichen Erlebnissen wollten wir den Gefangenen zeigen, dass Gott sie liebt. Dabei rechneten wir mit allen denkbaren Reaktionen, von offener Ablehnung bis Gleichgültigkeit. Zu unserer Überraschung waren die Gefangenen interessiert. Sie waren froh, mal wieder gleichaltrige junge Leute um sich zu haben, und wollten wissen, wer wir sind und warum wir zu ihnen ins Gefängnis kommen. Im Männergefängnis haben die Gefangengen sogar kräftig mitgesungen. Jeder wollte selbst ein Lied aussuchen. Dann hörten sie konzentriert unseren Inputs zu. Wo findet man so was sonst noch? Die Treffen waren für die Gefangenen so anregend, dass sie berichteten, wie es so weit kam, dass sie im Knast landeten.
Was berührte euch besonders?
Ein junger Gefangener meinte: «Ich habe es verdient, hier zu sein.» Er hat Verantwortung für seine Taten übernommen und nun angefangen, die Bibel zu lesen. Das macht Mut. Uns ist noch klarer geworden, dass die gute Nachricht von Jesus die einzige Hoffnung bringt. Egal, wie schlimm die Lebensumstände oder Zukunftsperspektiven sind: Das Wort Gottes allein schenkt ihnen Halt und Hoffnung. Ihnen wie uns, die wir bisher von Gefängnisstrafen verschont blieben.
Vor dem Gefängnisbesuch überlegten wir uns etwas unsicher, wie wir mit einem Gefangenen überhaupt ins Gespräch kommen können. Was beschäftigt sie? Im Nachhinein stellten wir fest: Bereits unsere Anwesenheit brachte Bewegung, da und dort auch Freude. Die Insassen sind Menschen wie wir auch: Sie sind wertvoll in Gottes Augen. Das half uns, die Unsicherheit zu überwinden.
Ist schon ein nächster Gefängnisbesuch geplant?
Die Gute Nachricht muss ja gerade da hinkommen, wo sie gebraucht wird. Aber es gibt ja noch andere Bereiche, in denen wir uns einsetzen möchten: Jugendevents, Gottesdienste landauf, landab, ferner praktische Unterstützung von Missionsteams. Deshalb ist bei uns leider erst 2017 wieder ein Gefängnispraktikum möglich.
Quelle: Livenet http://www.livenet.ch/magazin/gesellschaft/christen_in_der_gesellschaft/295606-theologiestudenten_gingen_freiwillig_ins_gefaengnis.html