Radikal für Gott leben: Die neue Gesetzlichkeit?

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Radikal für Gott leben: Die neue Gesetzlichkeit?

10.07.2015

Aussergewöhnlich genug?

Jonathan Hollingsworth wollte ein radikaler Christ sein. Er verschenkte seinen ganzen Besitz, ging in die Mission nach Afrika – und erlitt ein heftiges Burnout. Warum? Weil seine Motivation nicht stimmte. Mit seinem Buch möchte er junge Christen vor einem radikalen Lebensstil aus der falschen Motivation heraus warnen.

Lebe radikal für Jesus! Verändere die Welt! Mach einen Unterschied in deiner Umgebung! Solche und ähnliche Botschaften hören gerade junge Christen immer wieder auf Kongressen, Missionsveranstaltungen und Jugend-Camps. Doch dies scheint unter den jungen Leuten einen immer stärkeren Druck aufzubauen. Jonathan Hollingsworth ist einer von ihnen. «Bei mir fing alles mit der Frage an: Nehme ich die Worte von Jesus ernst?» Er war ein Teenager, lebte mit seiner Familie ein normales Leben, ging zur Schule und hatte es recht bequem.

«Ich wollte Gott beweisen, dass ich für ihn lebe»

Also begann Jonathan, sich für Obdachlose einzusetzen und verschenkte bald darauf seinen gesamten Besitz. Dann brach er die Uni ab und ging als Missionar nach Afrika. «Ich versuchte, Gott zu beweisen, dass ich wirklich für ihn leben wollte. Und in dem Moment kam Gesetzlichkeit in mein Leben, denn für mich bedeutet Gesetzlichkeit, dass man versucht, die Hingabe zu Gott durch das äussere Verhalten zu messen.» Die Motivation für seinen Missionseinsatz war letztlich, Gott und sich selbst zu beweisen, wie sehr er seinen Gott liebte. Und dies hatte Konsequenzen: Während seiner Zeit in Afrika brannte er emotional und körperlich völlig aus, so dass er bald darauf wieder zurück in seine Heimat ging.

Der seltsame interne Druck

Diese Art von Gesetzlichkeit ist auch Dr. Antony Bradley unter seinen Studenten aufgefallen; Bradley unterrichtet am King’s College in New York City Religiöse Studien. «Es ist ein Problem, dass Gottes Volk, seine Kinder, seine jungen Erwachsenen, diese Last mit sich tragen, ob ihr Leben gut genug, aussergewöhnlich genug für ihn ist», erklärt er gegenüber CBN-News. «Durch unsere Kultur entsteht ein seltsamer interner Druck [in der Kirche], dass ich diese tolle, erstaunliche Person sein muss. Dies steht auch im Zusammenhang mit dem Narzissmus dieser Generation. Wenn mein Leben nicht wirklich genial und cool und beachtenswert ist, hat es keinerlei Bedeutung.»

Bradleys Studenten bestätigen ihn in dieser Beobachtung. So beispielsweise Andrea Lopez: «In unserer Generation gibt es eine starke Bewegung, die einen Unterschied machen und etwas bewirken möchte und diese Bewegung ist nach und nach auch in die christliche Welt durchgesickert, so dass man jetzt Geschichten hört, wo Leute schon mit 16 eine gemeinnützige Organisation gründen.»

Ein radikaler Ausreisser

Um junge Leute zu warnen oder ihnen den Druck von den Schultern zu nehmen, hat Jonathan Hollingsworth gemeinsam mit seiner Mutter ein Buch geschrieben. In «Runaway Radical» (Radikaler Ausreisser) beschreibt er seine Zeit als «Radikaler» in Afrika und das Burnout, das er dort erlebte. Die Reaktionen auf das Buch seien überwältigend gewesen. «Wir wussten, dass dies kein Einzelfall sein konnte und merkten, dass Jonathans Geschichte nur die Spitze des Eisbergs war…», erzählt seine Mutter Amy Hollingsworth. «Literatur über das radikale Leben ist auf der Bestseller-Liste immer ganz oben. Wenn Millionen von Büchern davon verkauft werden, bedeutet das, dass Hunderte oder gar Tausende junger Leute wie Jonathan versuchen, diesem Lebensstil zu folgen.» Das Buch half vielen von ihnen, den Druck loszuwerden, ein aussergewöhnliches Leben für Gott leben zu müssen.

Aus Freude und Gnade, statt Schuld und Scham

Ein anderer kritischer Autor des radikalen Lebensstils ist Pastor Josh Kelley. Zwei Bücher, «Ordinary» (Gewöhnlich) und «Radically Normal» (Radikal normal), hat er über dies Thema geschrieben. Er erklärt: «So viele Christen haben dieses ständige Gefühl, Gott gefallen zu müssen. Sie fühlen sich schuldig, weil sie nicht genug für Gott tun.» Dabei sollten sie vielmehr durch Freude motiviert werden, anstatt durch Schuld oder Scham.

Auch der junge Autor Jonathan Hollingsworth hofft, dass seine nächsten Schritte durch Gnade motiviert sind. Obwohl er durchaus bereit ist, mit der korrekten Motivation erneut ins Missionsfeld zu gehen, ist er jetzt auch offen für gewöhnlichere Möglichkeiten, um Jesus nachzufolgen und seine Worte ernst zu nehmen.

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