»Glaubst du nur oder folgst du schon nach?«

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»Glaubst du nur oder folgst du schon nach?«

12.02.2016

Das neuste Werk von Andreas «Boppi» Boppart hat es in sich: «Unfertig» ist ein Buch, welches Potential hat, Leben zu verändern. Es ist wohltuend ungemütlich und räumt gleichzeitig mit bedrückenden Stereotypen auf. Aber Vorsicht: Einmal gelesen, gibt es kein Zurück mehr.

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«Fesselnd» oder «Pageturner» liest man etwa auf der Rückseite mittelklassiger Thriller. Stünden mir nur eine Handvoll Buchstaben für eine Rezension zur Verfügung, würde ich mich vermutlich auf «Befreiend» oder «Lifeturner» festlegen. Aber genauso, wie die 236 Buchseiten, die Boppi zum Thema Nachfolge gefüllt hat, absolut gerechtfertigt sind, ist es auch hier gerechtfertigt, etwas weiter auszuholen.

Wie der Titel unschwer vermuten lässt, steht das Buch ganz im Zeichen der Unfertigkeit, die alle Menschen gemein haben. Mit «Unfertigkeit» meint Boppi, dass niemand perfekt und jedes Leben von Macken, Schwächen und Sünden geprägt ist. Im Vorwort macht der Autor deutlich, was er mit seinem Buch bezwecken will: Es soll einerseits befreiend und wohltuend sein, indem es Blockaden entfernt. Andererseits soll es auch eine unbequeme und auffordernde Seite haben, welche die Leser in eine authentische Jesusnachfolge hineinführt. Und eins sei klargestellt: Boppi macht keine leeren Versprechungen.

Mit der eigenen Unfertigkeit versöhnen

ZoomAndreas «Boppi» Boppart

Und er spart nicht mit Gesellschaftskritik, um gleich mit dem Unbequemen zu beginnen. In unseren Kirchen bestehe oft ein «frommer Gruppendruck», prangert Boppi an. Christen würden nicht selten eine heuchlerische Fassade hochziehen und vorgeben, richtiggehende Vorzeigechristen zu sein. Die Folge davon sei, dass viele sich als unwürdig erachten, Jesus nachzufolgen und denken, Gott würde erst dann mit ihnen sein Reich bauen, wenn sie alles in Ordnung gebracht hätten. Doch man dürfe seine Unfertigkeit nicht länger ausblenden und müsse diese Missstände ans Licht tragen, so Boppi. Das Geheimnis ist, sich mit seiner eigenen Unfertigkeit zu versöhnen. «Gott wird dich niemals mehr lieben als genau jetzt», lautet Boppis ermutigendes Fazit.

Eine authentische Jesusnachfolge setzt also das Bewusstsein voraus, dass man keineswegs vollendet sein muss, sondern ganz normal und unfertig sein darf. Gott sieht über unsere Fehler und Makel hinweg, wie auch wir es bei unseren Mitmenschen tun sollten. Schliesslich lebt die ganze Fülle von Gottes Geist in jedem Christen. Andreas Boppart setzt alles daran, um die Minderwertigkeitsgefühle seiner Leser zu tilgen und den gesunden Glauben zu wecken, dass Gott jeden so brauchen kann und will, wie er ist.

Das Preisschild, das am Glauben hängt

Aber allein mit diesem Glauben ist es noch nicht getan. Nachfolge sei mehr als nur «nur» Glaube, ist Boppart überzeugt. Vielmehr noch: Nachfolge ist das Preisschild, das am Glauben hängt. Denn Nachfolge ist selten bequem und oft mit Widerständen verbunden. Jesus nachzufolgen kostet manchmal Mut oder lässt einen Rückschläge erleben. Worauf Boppi hinaus will: Mit Jesus ist das Leben nicht einfacher, aber spannender.

Er zeichnet ein Bild des Evangeliums, das auf zwei Beinen steht; auf einem Wort- und einem Tatbein. Wird eines dieser Beine vernachlässigt, beginnt das Evangelium zu hinken. Auf gut Deutsch: Wort und Tat gehören untrennbar zusammen. Es genügt nicht, sonntags in der Kirche dem Pastor zuzuhören und «wie ein Wackeldackel zu nicken» oder nur das in die Bibel hinein zu interpretieren, was einem gerade in den Kram passe. Es gehe darum, der ganzen Wahrheit, dem ganzen Jesus hinterherzulaufen, Nächstenliebe zu leben und in einen aktiven Glauben hineinzufinden, hält Boppi in seinem Buch fest. Er verweist an dieser Stelle auf Johannes’ ersten Brief, Kapitel 2, Vers 6, wo steht: «Wer von sich sagt, dass er zu Christus gehört, der soll auch so leben, wie Christus gelebt hat.»

Vielleicht klingt das jetzt alles etwas fordernd. Was es in gewisser Hinsicht auch tatsächlich sollte. Die Frage ist aber, aus welcher Motivation heraus man an dieses Thema herangeht. Denn Nachfolge kann schnell zu einer gesetzlichen Aktion, zu einem Zwang werden, sollte das Prinzip von Gottes bedingungsloser Liebe nicht ganz tief im Herzen verankert sein. Die Tatsachen, dass wir seit unserer Bekehrung ganz Gottes Eigentum sind, uns in völliger Hingabe an ihn verschenken und sein Geist sogar in uns lebt, sind massgebend für das Verständnis einer gesunden Jesusnachfolge. Nicht zuletzt deshalb sieht Boppi die persönliche Beziehung zu unserem Schöpfer als den Schlüssel, der uns erst zu einer authentischen Nachfolge befähigt. Wie so oft in Glaubensfragen gilt es auch hier, unsere eigenen Bedürfnisse zurückzustellen und uns ganz von Gottes Geist antreiben zu lassen.

Nachfolge lernt man nur durch Nachfolgen

Das klingt alles gut und recht. Doch wie soll die Jesusnachfolge nun konkret aussehen? Zum Glück schafft Andreas Boppart auch in dieser Hinsicht Abhilfe. Mögen manche Passagen etwas theoretisch anmuten, schlägt Boppart stets die Brücke zur Praxis, indem er beispielsweise Erlebnisse aus seinem persönlichen Erfahrungsschatz oder veranschaulichende Geschichten schildert.

Zunächst einmal brauche Nachfolge eine bewusste Entscheidung, wenn es sein muss ein tägliches Ja dazu, dass man bereit ist, mit und für Gott Geschichte zu schreiben. Denn oft mangele es uns an Bereitschaft. Viel zu sehr hängen wir manchmal an unserem Leben und am Wohlstand, den wir uns gewohnt sind. Boppi verweist in diesem Zusammenhang auf die Apostel, die sogar bereit waren, für ihren Glauben zu sterben. Das Erstaunliche dabei ist, dass in uns im Grunde genommen der genau gleiche Glaube pulsiert. Boppart bringt es auf den Punkt: «Den meisten von uns fehlt nichts, ausser der Bereitschaft.»

Schliesslich aber lerne man Nachfolge nur durch Nachfolgen. Uns bleibt nichts anderes übrig, als unsere Komfortzone zu verlassen und uns wagemutig in den Dienst Gottes zu stellen. Seine Aussendung zu akzeptieren sei ebenso wichtig wie die Tatsache, dass unser Glaube und wir selbst unfertig sind und unfertig bleiben. Es ist freilich nicht immer leicht, Gottes Stimme zu hören. Aber wenn wir den Impulsen nicht nachgehen, werden wir auch nie herausfinden, ob es Gott war, der zu uns gesprochen hat. Denn oft ist es weniger schmerzhaft, zu wagen und zu versagen, als nicht zu wagen und zu bereuen.
 Mit Widerständen, die im Leben eines Christen quasi vorprogrammiert sind, müssen wir umgehen können. Spannungen gehören nun einmal zum Glauben. Die Frage ist bloss, wie wir mit Widerständen umgehen und wie viel uns der Glaube wert ist. Haben wir tatsächlich den Mut, an Gottes Verheissungen festzuhalten und trotz Hindernissen unbeirrt dranzubleiben? Denn die Nachfolge ist es, die uns letzten Endes ans Ziel bringt. Also: Glaubst du nur oder folgst du schon nach?

«Unfertig» von Andreas Boppart ist ein Buch, so vielseitig, wie es sich für ein Buch wortwörtlich gehört. Wohltuende und unbequeme, ermutigende und herausfordernde Seiten wechseln sich stets ab und bilden ein Gesamtwerk, das Ihr Leben verändern kann. «Unfertig» ist ein Buch, das so authentisch, wie sein Umschlag grün ist. Der Autor ist ehrlich und direkt, scheut sich nicht vor unverblümten Fragen und lässt Sie Ihr Verhältnis zu Glaube und Nachfolge neu überdenken. Empfehlenswert ist dieses Buch für alle, die sich nach einem authentischen Glauben und einem abenteuerlichen Leben mit Gott sehnen. Lassen Sie sich nicht von Ihrer Unfertigkeit fertigmachen!

Zum Autor:
Andreas «Boppi» Boppart ist Theologe und Sekundarlehrer. Zusammen mit seiner Frau Tamara hat er vier Kinder und lebt in Jenins GR. Seit 2013 leitet der 36-Jährige das Missions- und Schulungswerk Campus für Christus Schweiz. «Unfertig» ist bereits sein fünftes Buch.

Autor: Aaron Aebi

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